Labkraut-Tatzenkäfer Timarcha tenebricosa

Europameister mit Nasenbluten

Der Labkraut-Tatzenkäfer (Timarcha tenebricosa)

Der Labkraut-Tatzenkäfer ist der größte Blattkäfer (Familie Chrysomelidae) Europas. Wenn man erkennt, dass es sich nicht um einen Mistkäfer (Familie Scarabaeidae) handelt, beeindruckt der kugelige Käfer mit bis zu 2 cm Körperlänge. Namensgebend sind die auffällig verbreiterten Fußglieder (Tarsen) an den Enden der langen Beine. Auch die langen perlschnurartigen Antennen unterscheiden die Tatzenkäfer spätestens auf den dritten Blick von Mistkäfern. Verwechslungsgefahr besteht aufgrund der schwarzen Färbung, oft mit metallisch-blauem Glanz, der gedrungenen Gestalt und ihrer Größe. Wenn es fliegt, ist es definitiv kein Labkraut-Tatzenkäfer! Ihre Flügeldecken (Elytren) sind untrennbar miteinander verbunden.

In England heißen sie „blood-spewing beetles“ oder „bloody-nosed beetles“, also Blutspuckende bzw. „Käfer mit blutiger Nase“: Fühlen sie sich bedroht, würgen sie eine rote Flüssigkeit hervor. Dieses als Reflexbluten bezeichnete Verhalten legen eine ganze Reihe von Insekten an den Tag, um Fressfeinde abzuschrecken. Auch Marienkäfer (Familie Coccinellidae) sondern bei Gefahr ein Wehrsekret ab, allerdings auf weniger Aufsehen erregende Weise. Die Autorin wurde bei ihrer Begegnung mit einem Tatzenkäfer offenbar nicht als Gefahr empfunden (Abb. 1).

Man kann Labkraut-Tatzenkäfer langsam auf dem Boden krabbelnd oder in niedriger Vegetation herum kletternd entdecken (Abb. 2). Es lohnt sich, an ihrer Lieblingsnahrung nach den erwachsenen Tieren und ihren Larven Ausschau zu halten, sie fressen bevorzugt Labkräuter (Arten der Gattung Galium). Mitunter sind sie schon sehr früh im Jahr unterwegs, sogar im Winter, wenn einzelne Tiere vorübergehend aus der Winterstarre erwachen. Besonders wohl fühlt sich die Art auf Kalk-Trockenrasen im Bergland.

Blattkäfer (Chrysomelidae) bilden eine der artenreichsten Käferfamilien der Welt, auch in Mitteleuropa. Die meisten der über 500 Arten sind Pflanzenfresser, darunter auch der gelb-schwarz gestreifte Kartoffelkäfer (Leptinotarsa decemlineata). Dagegen lassen die schwarz auf rot gefleckten Ameisen-Blattkäfer (Clytra laeviuscula) ihre Eier in die Nester der Wirte eintragen, wo sich die Larven auch von der Ameisenbrut ernähren. Zu den Tatzenkäfern (Gattung Timarcha) gehören in Mitteleuropa insgesamt sechs Arten. T. goettingensis ähnelt dem Labkraut-Tatzenkäfer stark, wird allerdings maximal 11 mm groß.

Abbildung 1: Als größter Blattkäfer (Chrysomelidae) Europas wird der kugelige Labkraut-Tatzenkäfer (Timarcha tenebricosa) auf den ersten Blick gerne mit einem Mistkäfer verwechselt. Hier sind die zur Unterscheidung wichtigen perlschnurartigen Antennen und die „Tatzen“ gut zu erkennen. Foto: S. Lanckowsky

Abbildung 2: Dieser Labkraut-Tatzenkäfer (Timarcha tenebricosa) krabbelte passenderweise am Rheinhang bei Trechtingshausen auf Labkraut (Gattung Galium) herum. Foto: S. Lanckowsky

Quellen

UK Beetle recording – Timarcha tenebricosa (abgerufen am 28.01.2025)
iNaturlist – Timarcha-tenebricosa (abgerufen am 28.01.2025)
Wikipedia EN – Bloody-nosed beetle (abgerufen am 28.01.2025)
Wikipedia DE – Tatzenkäfer (abgerufen am 28.01.2025)
Der Kosmos Käferführer – Die Käfer Mitteleuropas (2014), Franckh-Kosmos Verlag, ISBN: 3440139328
Pareys Buch der Insekten – ein Feldführer der europäischen Insekten (2002), Parey Buch-Verlag, ISBN: 3826334205

Verfasserin: S. Lanckowsky