Wenn plötzlich Riesen auf den Wiesen sprießen - Der Riesenbovist (Calvatia gigantea

 

Was Pilze betrifft, war das Jahr 2022 ein voller Erfolg: Sie ließen sich nahezu überall in allen erdenklichen Formen und Farben beobachten. Auf Wiesen und Weiden fanden sich des Öfteren auch mysteriöse, runde, faust- bis fußballgroße weiße Gebilde. Dabei handelt es sich aber weder um Straußeneier noch verlorene Bälle oder Luftballons, sondern um Pilze, genauer gesagt die Fruchtkörper des Riesenbovisten (Calvatia gigantea). Wie groß sie wirklich werden und wie ihr sie erkennt, erfahrt ihr in diesem Artikel zum Wiesenbewohner des Monats.

Abbildung 2: Größenvergleich eines Riesenbovisten mit einem Wanderrucksack. Foto: S. Bigalk

Junge Riesenbovisten besitzen im Inneren eine feste, weiße Fruchtmasse (Abb. 4), die von einer festen, ebenfalls weißen Haut umgeben ist und riechen angenehm mild. Mit zunehmendem Alter beginnt die Sporenbildung und sie verströmen einen unangenehm harnartigen Geruch während die weiße Fruchtmasse weicher wird und sich gelblich-grün und später braun verfärbt und austrocknet. Nach der Sporenreife löst sich die schützende Haut in Fetzen ab und pro Fruchtkörper werden nun mehrere Milliarden Sporen freigesetzt. Auch wenn das für die meisten Menschen nicht so appetitlich klingt, sind die jungen, festen Fruchtkörper nicht nur für Wiesenbewohner wie zum Beispiel Nacktschnecken ein Festmahl: In alten Pilzbüchern werden Riesenbovisten in Scheiben geschnitten und paniert als sogenannte “Beamtenschnitzel” (Abb. 5) empfohlen. Aufgrund ihrer Form und Größe sind Riesenbovisten leicht zu erkennen. Lediglich bei sehr kleinen Exemplaren besteht Verwechslungsgefahr mit anderen essbaren Stäublingen und sehr jungen aber dennoch sehr giftigen Knollenblätterpilzen. Diese lassen sich im Anschnitt aber durch den Stiel- und Lamellenansatz erkennen. Im Zweifel gilt aber wie bei allen Pilzen und Pflanzen: lieber stehen lassen und sich am Anblick erfreuen!

Abbildung 4: Junge Riesenbovisten riechen angenehm mild und besitzen im Anschnitt eine einheitliche, weiße Fruchtmasse ohne klar erkennbaren Stiel. So lassen sich sehr kleine Exemplare von giftigen jungen Knollenblätterpilzen unterscheiden. Foto: S. Bigalk

Abbildung 6: Diese zwei relativ kleinen Riesenbovisten wurden von Spaziergängern umgetreten. Foto: S. Bigalk

Abbildung 1: Riesenbovisten sind gelegentlich an nährstoffreichen Wegrändern, Wiesen und auf extensiven Weiden zu finden. Sie zeichnen sich neben ihrer Größe (15- 50 cm Durchmesser, manchmal mehr) durch ihre glatte, weiße Oberfläche und den fehlenden Stiel aus. Foto: S. Bigalk

Riesenbovisten machen ihrem Namen alle Ehre, denn in erster Linie sind sie eines: groß! Ihre kugeligen weißen, stiellosem Fruchtköper (Abb. 1) erreichen eine Breite von etwa 15 bis 50 cm und ein Gewicht von bis zu 15 kg (Abb. 2 und 3). Vereinzelt wurden auch Exemplare mit bis zu 1 m Durchmesser und über 20 kg Gewicht gefunden. Riesenbovisten gehören zu den Champignonverwandten und sind in Mitteleuropa weit verbreitet und häufig auf nährstoffreichen (Obst)Wiesen, Weideflächen, Böschungen sowie Weg- und Ackerrändern zu finden. Dabei liegt der eigentliche Pilzkörper - das sogenannte Myzel - gut versteckt unter der Erde, nur von Juli bis November sind die oberirdischen Fruchtkörper zu entdecken.

Abbildung 3: Dieses Exemplar brachte 3,8 kg auf die Waage. Weit entfernt davon, ein Rekord zu sein, aber dennoch beachtlich. Foto: S. Bigalk

Da Pilze nur bei geeigneten Bedingungen Fruchtkörper ausbilden und daher scheinbar plötzlich auftauchen, begegnen ihnen viele Menschen zunächst mit Misstrauen, insbesondere bei so eigentümlichen Gesellen wie den Riesenbovisten. Mitunter werden sie umgetreten oder herausgerissen (Abb. 6) da sie für möglicherweise giftig oder schädlich für die Wiese wahrgenommen werden, dabei ist das Gegenteil der Fall: sie sind großartige Botschafter für alles, was auf, in und unter unseren Wiesen lebt, sie ausmacht und leider viel zu selten von uns wahrgenommen wird.

Abbildung 5: Riesenbovisten können im jungen Zustand wie Schnitzel paniert und gebraten werden, früher fanden sie auch als Zunder und Räuchermaterial für Imker Verwendung. Foto: S. Bigalk

Verfasserin:  S. Bigalk