Anspruchsvolle Schönheit – Der Libellen-Schmetterlingshaft (Libelloides coccajus)

Lange Fühler, ein plüschig schwarz behaarter Körper und wunderschöne gelb-schwarz gefärbte Flügel: Auf den ersten Blick würden wohl nur wenige vermuten, dass Libellen-Schmetterlingshafte keine echten Schmetterlinge, sondern nahe Verwandte von Florfliege und Ameisenjungfer sind. Wie ihr sie erkennt, warum die fluggewandten Jäger UV-Licht sehen können und weshalb ihre Eigelege niemals den Boden berühren sollten, erfahrt ihr in unserem neuen Wiesenbewohner des Monats Artikel.

Geschickte, schnelle Flugjäger wie Libellen mit farbenprächtigen Flügeln die an Schmetterlinge erinnern (Abb. 1); bereits der Name Libellen-Schmetterlingshaft (Libelloides coccajus) beschreibt unseren Wiesenbewohner des Monats sehr gut. Dabei handelt es sich um Vertreter der Netzflügler, wie an der sehr dichten, bis an den Flügelhinterrand reichenden Flügeladerung zu erkennen ist. Sie sind also nahe Verwandte von Florfliegen und Ameisenjungfern, die sich ebenfalls als Larve und ausgewachsenes, geflügeltes Insekt räuberisch ernähren. Libellen-Schmetterlingshafte besitzen eine Spannweite von ca. 4 bis 5 cm, einen schwarz behaarten Körper und lange Fühler, die sie von Libellen gut unterscheiden. Im Gegensatz zu Schmetterlingen fehlen ihnen Schuppen auf den Flügeln; stattdessen sind die körpernahen Flügelansatzstellen erst schwarz und dann kräftig gelb - selten auch weiß - sowie die Flügeladern schwarz gefärbt. Die Männchen (Abb. 2) lassen sich durch zwei fingerförmige Hinterleibsanhänge gut von den meist etwas größeren Weibchen unterscheiden.

Abbildung 1: Libellen-Schmetterlingshafte sind gut an ihren gelb gefärbten Flügeln mit dem dichten schwarzen Adernetz zu erkennen. Die Männchen sind gut an den zwei Hinterleibsfortsätzen von den Weibchen zu unterscheiden. Foto: S. Bigalk

Libellen-Schmetterlingshafte sind meist nur für einen Zeitraum von etwa sieben Wochen im Mai und Juni, bei sehr guter Witterung auch ab Ende April, zu beobachten. Die geschlechtsreifen Tiere an einem Standort schlüpfen alle fast gleichzeitig innerhalb weniger Tage bis zwei Wochen und leben etwa vier bis fünf Wochen, in denen sie sich paaren und die Weibchen ihre Eier ablegen. Bei der Auswahl von geeigneten Stellen für die Eiablage sind Libellen-Schmetterlingshafte sehr anspruchsvoll. Die idealen Stellen finden sich häufig in oberer Hanglage am Rand von Magerwiesen oder Geröllfeldern. Die Weibchen suchen gezielt nach längeren Grashalmen die über offenen Bodenstellen liegen und möglichst den ganzen Tag direkt von der Sonne beschienen werden. Ist ein perfekter Halm gefunden, heften sie ein einziges Eigelege mit 30 bis 65 Eiern um diesen Grashalm herum. Teilweise nutzen mehrere Weibchen denselben Grashalm. Nun kommt der wichtigste Verbündete der Schmetterlingshaften zum Einsatz, die Sonne. Sie hält die Eier warm und trocken, denn zu viel Feuchtigkeit durch Regen oder Nachttau würde die Eier aufquellen lassen und zerstören. Der offene Boden unter dem Gelege sorgt für zusätzliche Rückstrahlung der Sonnenstrahlen von unten und hilft so, die Eier schnell zu trocknen. Bricht der Grashalm ab, ist das Gelege meist verloren, da die Eier am Boden nicht schnell genug trocknen oder von räuberischen Insekten, wie z.B. Ameisen, gefunden werden. Nach etwa 30 bis 40 Tagen schlüpfen die Larven aus den Eiern. Sie ähneln in ihrem Körperbau den Larven vieler anderer Netzflügler: Der länglich-ovale Körper wird von drei Paar kräftigen Laufbeinen getragen und besitzt einen großen Kopf mit einem Paar sehr großer Zangenartiger Mundwerkzeuge, mit denen sie ihre Beute - meist andere Insekten - festhalten und aussaugen können. Über die Larven der Libellen-Schmetterlingshafte ist sehr wenig bekannt, da sie sich nach dem Schlupf auf den Boden zurückziehen und dort kaum zu finden sind. Vermutlich dauert die Larvalentwicklung zwei Jahre und die Larven verpuppen sich nach der zweiten Überwinterung um nach wenigen Wochen als ausgewachsener Libellen-Schmetterlingshaft zu schlüpfen. So sind sie im Laufe ihrer gesamten Entwicklung auf den Erhalt von artenreichen Magerwiesen angewiesen, auf denen auch viele weitere seltene Tier- und Pflanzenarten - wie zum Beispiel Orchideen (Abb. 5) - zu finden sind.

Abbildung 4: Artenreiche Wiesen sind ideale Jagdgründe für Libellen-Schmetterlingshafte. Bei Bewölkung lassen sie sich auf Grashalmen nieder und sind dann gar nicht so einfach zu entdecken. Foto: S. Bigalk

Abbildung 2: Zwischen den einzelnen Jagdzügen genießen Libellen-Schmetterlingshafte Sonnenbäder. Dazu setzen sie sich mit ausgebreiteten Flügeln auf Grashalme. Foto: S. Bigalk

In Mittel- und Südeuropa gibt es insgesamt 15 verschiedene Arten von Schmetterlingshaften. In Deutschland kommt neben dem Libellen-Schmetterlingshaft nur noch der seltenere Langfühlerige Schmetterlingshaft (Libelloides longicornis) vor, der sich durch seine gelbe Flügeladerung und einen deutlichen schwarzen, halbkreisförmigen Fleck auf der Spitze der Hinterflügel von Libellen-Schmetterlingshaften unterscheiden lässt. Wie alle Schmetterlingshafte sind sie sehr sonnen- und wärmeliebend und in Deutschland nur vereinzelt auf sehr sonnenexponierten Standorten im Süden anzutreffen. Auch bei der Jagd spielt die Sonne eine wichtige Rolle: Schmetterlingshafte fliegen dicht über der Vegetation und halten nach über ihnen fliegenden Insekten Ausschau, die sie von unten überraschend packen können. Um auch kleine, nur 0,5 cm große Fluginsekten gegen den Himmel zu erbeuten, können sie UV-Licht wahrnehmen, wodurch sie ihre Beute auf Distanzen von über einem Meter präzise orten können. Dies macht sie allerdings zu “Schönwetter-Jägern”, die sich bei Bewölkung sofort in der Vegetation niederlassen (Abb. 3). Halten die für sie schlechten Sichtverhältnisse an, beißen sie sich zusätzlich mit ihren Mundwerkzeugen an einem Grashalm fest und legen die Flügel längs an ihren Körper um nicht so leicht entdeckt zu werden (Abb. 4). Bei lange anhaltenden Schlechtwetter-Perioden können sie so sogar verhungern, da sie nicht auf die Jagd gehen können. Bei ihren Jagdflügen meiden Libellen-Schmetterlingshafte zudem höhere Gebüsche oder Wälder, so dass sie auf größere zusammenhängende und nicht zu stark verbuschte Wiesenflächen als Lebensraum angewiesen sind. Verbuschen Flächen zu stark, verschwinden sie.

Abbildung 3: Bei Bewölkung, schlechtem Wetter oder zum Schlafen setzen sich Libellen-Schmetterlingshafte auf Grashalme, beißen sich dort mit ihren Mundwerkzeugen fest und legen die Flügel entlang des Körpers zusammen. Foto: S.Bigalk

Abbildung 5: Wo Libellen-Schmetterlingshafte vorkommen, sind häufig auch Orchideen, wie diese Bocksriemenzungen (Hirmantoglossum hircinum), zu finden. Foto: S. Bigalk

Verfasser: S.Bigalk

Literatur zum direkt Nachlesen

  • Chinery, M. 2012. Pareys Buch der Insekten. Kosmos, Stuttgart.
  • Kral, K. 2002. Ultraviolet vision in European owlflies (Neuroptera: Ascalaphidae): a critical review. European Journal of Entomology 99: 1-4.
  • Wolf, W. 2004. Imaginalbiologie und Überleben isolierter Kleinpopulationen des Libellenschmetterlingshaft Libelloides coccajus im bayerischen Taubertal nördlich Rothenburg o.d.T. Beiträge zur bayerischen Entomofaunistik 6:255-271
  • Wolf, W. 2005. Der Libellen-Schmetterlingshaft Libelloides coccajus im bayerischen Taubertal – Lebensraum, Ansprüche, Entwicklungsdaten. https://www.zobodat.at/pdf/Laufener-Spez-u-Seminarbeitr_1_2004_0061-0066.pdf
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